Umso früher man wegen seiner Hämorrhoiden-Probleme zum Arzt geht, desto einfacher und schneller sind sie wieder weg. Langes Abwarten aufgrund von Scham und Ängsten führt hingegen dazu, dass die Hämorrhoiden größer werden und die Behandlung dadurch schwieriger wird. Eine Operation ist nur in einem weit fortgeschrittenen Stadium nötig.
Experten schätzen, dass jeder zweite Erwachsene im Laufe seines Lebens an seinen Hämorrhoiden zu leiden beginnt. Männer und Frauen sind gleichermaßen davon betroffen. Viele Jahre quält sie ein Juckreiz und kleine Blutungen. Selten treten auch Schmerzen auf. Dennoch geht nur ein Bruchteil der Betroffenen rasch zum Arzt, die Mehrheit wartet viele Jahre zu, bis die Probleme immer schlimmer werden. Manche suchen überhaupt nie einen Arzt auf.
Jeder Mensch hat Hämorrhoiden
Bei Hämorrhoiden handelt sich um Gewebepolster im Enddarm, die reich an Blutgefäßen sind. Sie erfüllen ihren Zweck: Sie sicheren den Verschluss des Afters, sind wichtig für die Kontinenz. Die Hämorrhoidenpolster sind bei jedem Menschen angelegt, erst wenn sich diese Polster vergrößern und zu Beschwerden führen, spricht der Volksmund von Hämorrhoiden und der Arzt von einem Hämorrhoidalleiden.
Veranlagung und Lebensstil
Ob Hämorrhoiden zum Problem werden, liegt an der genetischen Veranlagung und auch am Lebensstil. Während erstere unveränderbar ist, kann man durch den Lebensstil das Risiko, ein Hämorrhoidalleiden zu bekommen, senken. Fettleibigkeit, chronische Verstopfung, Schwangerschaft erhöhen das Risiko. Gewichtsreduktion und Stuhlregulierung durch Ernährungsumstellung vermindern es. Viel Bewegung hilft, weil dauerhaftes Sitzen zu einer Kompression der Venen führt und ein Hämorrhoidalleiden fördert. Beim Stuhlgang sollte man nicht stark pressen, aber auch das dauerhafte Anwenden mancher Abführmittel ist schädlich. Da ballaststoffarme Kost zu hartem Stuhl und Verstopfung führt, sollte man auf ballaststoffreiche Ernährung umsteigen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die ausreichende Flüssigkeitszufuhr (mindestens zwei Liter täglich).
Wann zum Arzt?
Viele Menschen leiden an einem ständigen Juckreiz am After und an gelegentlichen kleinen Blutungen und fragen sich, ob sie damit zum Arzt gehen sollen. Ein klares Ja dazu kommt von Dr. Werner Haidinger, Allgemeinmediziner und Facharzt für Chirurgie in Linz: „Bei chronischen Jucken sollte man sich untersuchen lassen, denn meist ist ein Hämorrhoiden-Problem die Ursache.“
Hämorrhoiden zeigen bestimmte Symptome: Neben dem Juckreiz tritt meist eine kleine Blutung auf. Sie zeigt sich in Form von frischem, hellrotem Blut am Stuhl oder Toilettenpapier. Manchmal treten auch Brennen, Schmerzen, ein Druckgefühl und Hautreizungen auf. Blut am Stuhl sollte in jedem Fall abgeklärt werden, da dahinter auch andere Erkrankungen stehen können. Haidinger: „Bei jüngeren Patienten reicht meist eine Untersuchung des Afters aus, bei älteren Menschen mit Blut am Stuhl rate ich dringend zur Durchführung einer Koloskopie.“
Eigenbehandlung wenig zielführend
Viele Betroffene scheuen einen Arztbesuch und versuchen ihr Leiden mittels Salben zu lindern. „Salben, die man ohne Rezept bekommt, können das Jucken maximal kurzfristig lindern, aber sie lösen das Problem nicht. Rezeptpflichtige und kortisonhältige Salben können zwar helfen, da man sie aber nur kurze Zeit anwenden sollte, sie sind keine Dauerlösung“, sagt Haidinger. Das triftigste Argument für einen Arztbesuch: Das Hämorrhoiden-Problem verschwindet nur in den wenigsten Fällen von selbst. Im Gegenteil: Meistens verschlimmert es sich im Laufe der Zeit. Lässt man es dagegen behandeln, wird es sich in vielen Fällen durch eine einmalige Behandlung rasch und effizient bessern.
Patienten aufklären
Für viele Menschen sind Hämorrhoiden immer noch ein Tabuthema, worüber sie nicht sprechen wollen, auch nicht mit einem Arzt. „Hämorrhoiden hat man nicht. Diese Einstellung gilt für Männer und Frauen gleichermaßen. Man schämt sich für sein Problem und verschweigt es. Selbst wenn ein Betroffener endlich in die Praxis kommt, gibt er nur sehr zögerlich zu, dass er schon seit Jahren darunter leidet. Nach der Behandlung hört man dann oft: wenn ich gewusst hätte, dass die Behandlung so harmlos und schmerzfrei ist und eine sofortige Besserung eintritt, wäre ich schon viel früher gekommen“, sagt Haidinger.
Die Beschwerden lassen sich meist sehr einfach durch eine Verödung beseitigen. Eine kurze Untersuchung, die vielleicht nicht angenehm ist, muss man zwar über sich ergehen lassen, doch die Behandlung selbst ist in den meisten Fällen völlig schmerzlos und dauert nur wenige Sekunden.
Angst vor Operationen
Betroffene haben häufig große Angst vor einer möglichen Operation und einer daraus resultierenden Inkontinenz. Auch in diesen Fällen ist ein frühzeitiger Arztbesuch angeraten. Denn je früher eine Behandlung beginnt, umso geringer ist die Notwendigkeit einer Operation. Falls doch operiert werden muss, ist der chirurgische Eingriff umso geringer, je früher die Operation erfolgt. „Ein Großteil der Operationen ließe sich verhindern, wenn die Patienten frühzeitig zur Behandlung kommen würden. Viele Patienten hören offenbar Schauermärchen über die Folgen einer Operation und glauben sie auch. Sie fürchten sich vor Schmerzen und Inkontinenz. Natürlich ist das nicht völlig ausgeschlossen, doch es tritt äußerst selten auf“, sagt Haidinger.
Behandlung
Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung. Ist ein ständiger Juckreiz das einzige Symptom, dann ist eine Operation nicht nötig, denn es liegt Schweregrad I oder II vor. In diesen Stufen und oft auch in Stufe III reicht ein minimaler Eingriff, nämlich eine Verödung der Hämorrhoiden aus. Bei der Verödung wird Gewebe schmerzfrei reduziert. Der Arzt unterspritzt die Hämorrhoide mit einem Wirkstoff, der sie rasch schrumpfen lässt. Der Vorgang dauert nur einige Sekunden, danach ist der Patient meist wieder frei von Beschwerden.
Bei Schweregrad III (Juckreiz, Blutungen, die Schwellkörper treten beim Pressen aus dem After aus) besteht auch die Möglichkeit einer Gummibandligatur. „Hier werden die Hämorrhoidalpolster mit Gummibändern abgebunden. Das Gewebe stirbt ab und wird samt dem Band mit dem Stuhl ausgeschieden. Die für die Kontinenz so wichtigen Grundeigenschaften bleiben voll erhalten. Diese Methode funktioniert in der Regel problemlos wird ambulant durchgeführt und man erspart sich dadurch meist eine Operation“, erklärt Haidinger. Sollte die Behandlung nicht wirken, oder nicht ausreichen, dann kann im Stadium III alternativ auch eine HAL-RAR (Hämorrhoidal-Arterien-Ligatur/Recto-Anal-Reparatur) Operation erfolgen. Auch dabei wird kein Gewebe entfernt, sondern dieses wird gerafft, sodass nach der OP im Idealfall keine Schmerzen zu erwarten sind.
Nur in den Fällen der Kategorie IV ist eine Operation samt Entfernung von Gewebe fast unumgänglich. „Es gibt heute eine Reihe von schmerzarmen Eingriffsmöglichkeiten, wodurch das Hämorrhoidalleiden seinen ursprünglichen Schrecken aus früheren Zeiten sicherlich verloren hat“, beruhigt der Chirurg.
Dr. Thomas Hartl
Mai 2017
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