Es juckt, kribbelt und spannt an den Lippen oder am Naseneingang? Dann ist meist eine Fieberblase nicht mehr weit! Beim Skifahren, Sonnenbaden und in Stresszeiten haben die lästigen kleinen Schönheitsfehler Hochsaison. So wenig erfreulich es auch klingen mag, schon ab dem ersten Kribbeln ist Schluss mit dem Küssen oder Trinken aus einem Glas – es besteht Ansteckungsgefahr.
Die schlechte Nachricht: Etwa 90 Prozent der Erwachsenen sind Träger des Herpes-simplex-Virus Typ I, dem Grund für Fieberblasen. Die gute Nachricht: Bei nur etwas mehr als einem Drittel kommt es auch tatsächlich immer wieder zu den ästhetisch störenden äußeren Zeichen. Die Erstinfektion erfolgt meist im Kleinkindalter, dann bleiben die Viren unauffällig, um irgendwann in einer immungeschwächten Zeit „zuzuschlagen“, sprich aktiv zu werden. Die Erreger dringen über Speichel beziehungsweise Mundschleimhut ein, ein Kuss oder verunreinigtes Glas kann genügen. Der Inhalt der Bläschen ist hochansteckend.
Stressige Zeiten wecken Virus aus dem Dauerschlaf
Die Erreger liegen im Ruhezustand entlang der Nervenbahnen in den Nervenwurzeln und in speziellen Situationen erwachen sie aus ihrem „Dauerschlaf“. Akute Schübe haben meist einen besonderen Auslöser wie etwa fieberhafte Infekte, starke Sonnenbestrahlung, zahnchirurgische Eingriffe, psychischen Stress oder hektische Zeiten, die Regelblutung oder die Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten. Auch ein direkter Kontakt wie etwa beim Küssen kann die Ursache sein.
Harmloser Geselle aus der Herpes Familie
Herpes simplex labialis ist eher ein harmloser Geselle der Herpesvirenfamilie. Andere Formen können zum Beispiel das Pfeiffer‘sche Drüsenfieber oder Gürtelrose verursachen. Etwa jeder Fünfte ist mit dem herpes simplex Typ II, der zu Bläschen im Genitalbereich führt, infiziert. Aber auch ein Herpes simplex Typ I kann im Genitalbereich vorkommen. Ohne Behandlung heilen die Lippenbläschen meist innerhalb von drei bis zehn Tagen ab – doch wer trägt schon gerne Lippenherpes zur Schau? Den Arzt sollte man konsultieren, wenn die Bläschen nach zwei Wochen noch immer „blühen“ oder wenn sie sehr häufig auftreten. Sofort muss man zum Arzt, wenn sie in Augenhöhe auftreten, sie sich ausbreiten und man sich dabei richtig krank fühlt. Komplikationen können in seltenen Fällen bei Chemotherapie-Patienten oder Menschen mit Neurodermitis auftreten.
Sofort aktiv gegensteuern
Bei ersten Anzeichen von Lippenherpes aktiv gegensteuern und entsprechend handeln: Messer und Gabel nicht mehr teilen, niemanden aus seinem Glas trinken lassen und auf das Küssen verzichten. Selten wird durch Oralsex das Virus vom Mund auf die Genitalien übertragen.
- Beim ersten Kribbeln, also sobald man spürt, dass eine Fieberblase im Anzug ist, alle ein bis zwei Stunden eine Salbe mit antiviralen Wirkstoffen wie Acicloviv oder Penciclovic auftragen. Hände danach waschen. Die Salbe unterstützt das Abheilen und muss so lange geschmiert werden bis das Kribbeln vorbei ist. Salben kann man auch mit Wattestäbchen auftragen. Kontaktlinsenträgern wird geraten während des Lippenherpes auf Brillen umzusteigen, um eine Infektion der Augen zu vermeiden.
- Etwas schwächer wirksam sind adstringierende (zusammenziehende) Gels oder Pasten mit Zinksulfat.
- Pflaster mit dem heilungsfördernden und schmerzlindernden Wirkstoff Hydrokolloid-075 sind eher ein kosmetisches als heilsames Mittel. Die Pflaster sind beinahe unsichtbar und lassen sich gut überschminken.
- Bei sehr ausgeprägten Formen oder wenn die Bläschen in der Nase oder nahe den Augen sitzen, werden auch antivirale Medikamente verschrieben.
- Der Hautarzt kann mit einem Softlaser die Abheilung der Blasen beschleunigen. Dazu sind meist mehrere Sitzungen nötig. Im Schnitt bleibt der Betroffene dann bis zu sechs Monate lang von Lippenherpes verschont.
- Hausmittel aus der Pflanzenheilkunde:
- Melissenextrakt, zum Beispiel in einer Creme oder als Melissenöl hat antivirale, wundheilende und entzündungshemmende Wirkung. Bei ersten Anzeichen angewendet, kann es vielleicht die Bläschenbildung verhindern, hilft aber auf jeden Fall beim Abheilen. Melisse kann aber die Vermehrung der Viren nicht stoppen.
- Man kann auch Salbeiextrakt auftupfen. Dieses Hausmittel hat eine zusammenziehende und desinfizierende Wirkung.
- Kündigt sich zum Beispiel nach langem Sonnenbaden ein Lippenbläschen an, kann man die Stelle auch mit Aloe Vera-Saft oder Teebaumöl, das antiviral wirkt, betupfen.
Starkes Immunsystem schützt
Ein starkes Immunsystem kann „das Aufflackern“ von Lippenherpes in manchen Fällen verhindern. Ausgewogene Mischkost mit Vitaminen und Spurenelementen, Kneipp’sche Kaltwasseranwendungen, regelmäßiger Sport und Saunabesuche, aktives Stressmanagement und Echinacea-Produkte stärken die Abwehrkraft.
Die Aminosäure L-Lysin kann Lippenherpes beeinflussen, auch wenn dazu nur sehr wenige Studien vorliegen. Man geht aber davon aus, dass Lysin eine andere Aminosäure (=Arginin) verdrängt, sprich deren Aufnahme hemmt. Die Herpes-Viren brauchen aber Arginin zum Wachstum. So kann L-Lysin Herpes und seine Symptome lindern.
L-Lysin ist in Fleisch, Geflügel, Fisch, Kartoffeln, Hülsenfrüchten, Milchprodukten, Eiern und in Hefe enthalten. Im akuten Stadium der Herpesinfektion wird empfohlen, in Absprache mit dem Arzt, die therapeutische Dosis zwischen 2 bis 4 g L-Lysin zu sich nehmen. Da dies kaum durch die Kost geschafft werden kann, gibt es Nahrungsergänzungsmittel (Pulver, Tabletten). Zusätzlich zur L-Lysin- Einnahme auch die Abwehr mit den Vitaminen C, E und Zink stärken. Vor Operationen oder während der Schwangerschaft sollte der Arzt unbedingt konsultiert werden, wenn man Lysin in therapeutischer Dosierung einnehmen möchte. Bei einer regelmäßigen Überdosierung kann Lysin Nebenwirkungen hervorrufen: Neben einer Nierenfunktionsstörung kann es zu Blutgerinnungsstörungen und Blutzuckerschwankungen kommen.
Die Aminosäure L-Arginin – vorwiegend enthalten in Nüssen, Rosinen, Gelatine, Samen, Körnern und Schokolade – fördert, wie erwähnt, das Virenwachstum. Wen Fieberblasen immer wieder einmal plagen, der sollte diese Lebensmittel eher meiden.
Sollte Stress der Auslöser von Lippenherpes sein, sind Entspannungsmethoden wie Autogenes Training, Yoga und Meditation oder die Muskelentspannung nach Jacobson sinnvoll. Nach hektischen und/oder sorgenvollen Zeiten bewusst eine erholsame Pause einlegen.
Mag. Christine Radmayr
Juni 2017
Foto: shutterstock