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Wenn Wunden nicht heilen

Normalerweise schließen sich Wunden von ganz allein. Doch manche werden chronisch, schmerzen und riechen schlecht – eine enorme Belastung für die Betroffenen. Eine möglichst frühzeitige und fachkundige Wundversorgung kann in den allermeisten Fällen Abhilfe schaffen.  

Wunden können durch vielerlei Einwirkungen zustande kommen, etwa durch äußere Gewalt, Schnitt- und Stichwunden, Quetsch-, Platz-, Riss- und Schürfwunden, Kratz- und Bisswunden, Verbrennung und Verätzung. Manche Wunden erfolgen zwangsläufig, zum Beispiel infolge Operationen.  

Wundheilungsstörung 

Wunden können in akute und chronische Wunden eingeteilt werden. In der Regel heilen kleine wie auch große Wunden binnen Tagen oder weniger Wochen ab. Von einer chronischen Wunde spricht man, wenn eine Wunde nicht binnen vier bis zwölf Wochen abgeheilt ist oder zumindest keine deutlichen Wundheilungstendenzen zu sehen sind. 

Frische Wunden sind rosa bis hellrot. Schließen sich die Wundränder nicht, kann die Wunde nicht heilen. Sie verfärbt sich dunkel, entzündet sich, beginnt zu nässen und Gewebe stirbt ab. Eine häufige chronische Wunde ist das sogenannte „offene Bein“ (Ulcus cruris). Es handelt sich um eine gefürchtete Folge einer Venenschwäche der Beine und tritt vor allem bei älteren Menschen auf. Chronische Wunden an den Füßen treten häufig bei Diabetikern auf. 

Eine nicht gelingende Wundheilung ist nicht als eigenes Krankheitsbild festgelegt, es gibt daher auch keine gleichlautenden Diagnosen. Bei nicht heilenden Wunden spricht man häufig von einer Wundheilungsstörung.  

Ob eine Wunde gut oder schlecht heilt, hängt nicht von ihrer Größe ab. Selbst kleine Schnitte können große Probleme bereiten, wenn eine Wundheilung nicht gelingt. Heilen großflächige Wunden nicht ab, bereiten diese oft schwer erträgliche Situationen, da sie nicht nur schmerzen, sich verfärben, schmierig werden und nässen, sondern auch penetrant riechen. Dies belastet die Betroffenen oft enorm. Ihr Alltag wird davon teils stark eingeschränkt und auch die Psyche belastet. 

Hygiene wichtig 

Die Wundheilung läuft in mehreren Phasen ab. Wenn Wunden nicht heilen, dann ist der natürliche Heilungsprozess gestört. Störfaktoren gibt es viele, am häufigsten sind es Infektionen, schlechte Durchblutung und Vorerkrankungen. Oft ist auch mangelhafte Hygiene im Spiel oder es fehlt an so simplen Dingen wie ordentlichem Verbandsmaterial. „Manchmal werden Wunden nicht genügend gereinigt oder auch falsch versorgt. So gibt es fallweise immer noch so manchen Irrglauben, wie etwa, dass Staubzucker auf die Wunde gestreut, zur Heilung beitragen würde. Natürlich ist das Gegenteil der Fall“, sagt Doris Hofer, MBA, Pflegedirektorin im Konventhospital der Barmherzigen Brüder Linz. 

Risikofaktoren 

Umstände, die das Risiko einer Wundheilungsstörung erhöhen: 

  • Rauchen: Raucher sind häufiger betroffen als Nichtraucher. Besonders schädlich ist die Kombination von Rauch und Alkohol, da es hier oft zu Gefäßverengungen und schlechter Durchblutung kommt.
  • Alter: Je älter der Mensch ist, desto eher treten Wundheilungsstörungen auf.
  • Stress: Psychische Belastungen und starker Stress können zu einer gestörten Wundheilung führen. Ist das Gefühlsleben auf einem Tiefpunkt, heilen Wunden schlechter, als wenn man sich glücklich und zufrieden fühlt. „Auch wenn es manche nicht glauben wollen, unsere Gefühle haben durchaus Einfluss auf die Heilung“, sagt Hofer.
  • Medikamente: Die Wundheilung kann durch bestimmte Medikamente beeinträchtigt werden, vor allem durch Kortison, Antibiotika, Zytostatika (Chemo-Therapie) und Barbiturate (Schlafmittel).
  • Durchblutungsstörungen: Aufgrund verengter Gefäße gelingt eine Heilung generell schlechter.
  • Vorerkrankungen: Vor allem Diabetes, Krebs, Herzerkrankungen und bestimmte Immunerkrankungen (z.B. HIV) tragen zu Wundheilungsstörungen bei. Auch bei Immunschwäche (etwa infolge einer Chemotherapie) heilen Wunden oft schlecht.
  • Bettlägerige Menschen: Liegt man zu lange unbewegt (etwa nach einem Schlaganfall), werden stets dieselben Körperstellen belastet und es entstehen Druckstellen und offene Wunden (Druckgeschwüre).
  • Menschen im Rollstuhl: Auch hier können Durchblutungsstörungen und Druckgeschwüre auftreten.
  • Deutliches Über- und Untergewicht: Starke Gewichtsabweichungen vom Normalgewicht sind ebenfalls Risikofaktoren, ebenso wie deutlicher Mangel an Eisen, Zink und bestimmten Vitaminen (auch Übergewichtige leiden häufig an solchen Mängeln, falls sie sich ungesund ernähren).
  • Generell heilen Wunden an Händen und Füßen schlechter als Wunden im Bereich der Körpermitte, da die Extremitäten weit vom Herz entfernt liegen und damit schlechter durchblutet werden. 

Therapie 

Nicht heilende Wunden sollten so rasch wie möglich behandelt werden. Es stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Beispiele: Verbände, die die Wunde trocken oder feucht halten. Verbände, die mit speziellen Mitteln getränkt sind, um die Wundheilung zu verbessern. In schweren Fällen wird eine Unterdrucktherapie angewandt. Dabei wird ein Verband angelegt, der mittels eines angeschlossenen Geräts Unterdruck erzeugt. Der Effekt: Die Wunde wird gesäubert, die schmierige Nässe abgesaugt, die Durchblutung angeregt. Zusätzlich kann die Gabe von Vitamin C und Zink sinnvoll sein. Die Ernährung sollte eiweißreich sein. 

Weiters ist es unumgänglich, etwaige Ursachen zu behandeln, also den Diabetes optimal einzustellen. Ganz wichtig ist es auch, dass sich der Patient so viel wie individuell möglich bewegt, damit die Durchblutung angeregt wird. „Man muss sich trotz aller Beschwerden bewegen. Wenn man wegen seiner Wunde immer nur liegt, verschlimmert das die Sache nur. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen“, sagt Hofer. 

„Rund 68.000 Menschen pro Jahr leiden in Österreich an chronischen Wunden bzw. haben eine bleibende Wundheilungsstörung. Patienten mit chronischen Wunden lassen sich meist zuhause versorgen, wobei oft der Hausarzt oder die Hauskrankenpflege in Anspruch genommen werden. Die Patienten kommen vorwiegend erst dann ins Krankenhaus, wenn die Versorgung zu Hause nicht klappt oder nicht ausreichend erfolgen kann, zum Beispiel, um abgestorbenes Gewebe entfernen zu lassen“, sagt die Pflegedirektorin. Bei manchen Patienten ist in gewissen Abständen auch immer wieder eine Unterdrucktherapie im Krankenhaus nötig. Während die meisten Wunden irgendwann wieder heilen, gibt es auch solche, die chronische Fälle über viele Jahre oder bis ans Lebensende bleiben. Das kommt mitunter bei Diabetikern vor, deren Wunden am Bein oder am Fuß mangels Durchblutung einfach nicht heilen können. Der Erfolg einer Therapie hängt maßgeblich auch davon ab, wie sehr der Patient die ärztlichen und pflegerischen Vorgaben im Alltag umsetzt. 

Vorbeugung 

Auch vorbeugend kann man für eine gute Wundheilung für den Fall einer Verletzung einiges tun. „Viel Bewegung, eine gesunde Ernährung, nicht rauchen und eine stabile Psyche sind gute Voraussetzungen, dass eine Wunde gut heilt. Mit diesem Lebensstil hat man in der Regel bessere Heilungschancen für den Fall der Fälle“, sagt Pflegedirektorin Doris Hofer.

 

Dr. Thomas Hartl

April 2018

 

Bild: shutterstock


Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020