Durchfall, Erkältung, Bindehautentzündung – mit dem Eintritt in Kindergarten oder Schule machen viele Kinder einen Infekt nach dem anderen durch. Ein krankes Kind muss zu Hause bleiben, soll sich auskurieren und andere Kinder nicht anstecken – eine Herausforderung für viele Eltern. Die Experten vom Klinikum Wels-Grieskirchen geben Tipps, was Eltern selbst tun können, damit die Kleinen möglichst schnell wieder fit werden, wann der Kinderarzt gefragt ist und wann man schnell ins Krankenhaus muss.
In den ersten Jahren stehen Kinder eine Menge von Kinderkrankheiten durch: „Masern, Mumps und Keuchhusten sind durch starke Impfinitiativen sehr selten geworden“, erklärt Dr. Lydia Obernosterer, Fachärztin am Klinikum Wels-Grieskirchen, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde. „Häufiger vertreten sind hingegen Scharlach, Mittelohr- und Mandelentzündungen, für die kein ausreichender Impfschutz bereitsteht.“
In die Schule oder doch zuhause bleiben?
Eltern und Pädagogen wissen, dass es in öffentlichen Einrichtungen oft ein hohes Vorkommen an Viren und Bakterien aller Art gibt. „Natürlich kümmert es die Kleinen nicht, dass sie Schnupfen oder Husten haben. Sie niesen dem Gegenüber schon einmal mitten ins Gesicht. Umso wichtiger ist es, kranke Kinder lange genug von anderen fernzuhalten“, so Obernosterer. Ein Ansteckungsrisiko ist sonst hoch. Hat ein Kind Fieber, gehört es selbstverständlich nicht in den Kindergarten oder in die Schule.
Wie Eltern ihre Kinder schützen können
Im Allgemeinen sind Vitaminpräparate oder andere Nahrungsergänzungsmittel zur Stärkung der Abwehrkräfte nicht notwendig. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und frische Luft sind normalerweise ausreichend. „Der beste Schutz gegen viele Kinderkrankheiten ist, die Kinder impfen zu lassen“, erklärt die Kinderärztin. „Die heute verwendeten Impfstoffe sind sehr sicher und meist gut verträglich. Reaktionen, wie lokale Schwellung, Rötung oder Fieber, zeigen nur, dass sich das Immunsystem mit dem Impfstoff auseinandersetzt und einen entsprechenden Schutz gegen die Erkrankung entwickelt.“
Achtung: Gefahr!
Neben den klassischen Kinderkrankheiten sind die Kleinen auch immer wieder einmal durch kleinere Verletzungen außer Gefecht gesetzt. Kinder klettern gerne und erforschen neugierig ihre Umgebung, das ist ganz normal. Aber es kann auch Schlimmeres passieren, zum Beispiel kann ein unbeobachteter Sturz ins Schwimmbecken für einen Nichtschwimmer tödlich enden. „Kinder bewegen sich gerne und das ist auch gut so. Man kann nicht alle Zwischenfälle verhindern, aber gewisse Unfälle können sicher vermieden werden“, so Obernosterer. „Manchmal wird unterschätzt, wie früh sich ein Säugling umdrehen kann und dann zum Beispiel in einem kurzen unbeobachteten Moment vom Wickeltisch stürzt.“ Um Haushaltsunfälle zu vermeiden, gibt es eine große Anzahl von Sicherheitsartikeln, wie zum Beispiel einen Steckdosenschutz oder ein Herdschutzgitter. Medikamente oder Reinigungsmittel sollen außer Reichweite der Kinder aufbewahrt werden, ein Umfüllen, zum Beispiel in Mineralwasserflaschen, muss auf jeden Fall vermieden werden – dies führt immer wieder zu Verwechslungen mit schwerwiegenden Folgen. „Kinder, die nicht schwimmen können, müssen kontinuierlich im Auge behalten werden, wenn sie sich in der Nähe eines Pools oder im Wasser aufhalten. Ein kurzer, unbeobachteter Moment reicht aus, um zu einem Ertrinkungsunfall zu führen“, appelliert Obernosterer.
Die wichtigsten Kinderkrankheiten im Überblick
Wichtig! Nicht bei jeder Erkrankung muss sofort der Kinderarzt hinzugezogen werden, jedoch immer bei hohem Fieber, Austrocknungsgefahr, schlechtem Allgemeinzustand und bei bakteriell bedingten Infektionen. Im Zweifelsfall sollen Eltern stets zumindest eine telefonische Auskunft beim Kinderarzt einholen. Außerhalb der Ordinationszeiten (abends, in der Nacht, am Wochenende und an Feiertagen) steht dafür der „Hausärztliche Notdienst – HÄND“ zur Verfügung, der unter dem Notruf 141 erreichbar ist. Ist eine Untersuchung oder stationäre Aufnahme im Krankenhaus notwendig, wird eine Überweisung durch den Kinderarzt veranlasst.
Grippale Infekte
Husten, Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen, ausgelöst durch Viren
Wichtig: Viel Flüssigkeit und Ruhe, keine Antibiotika nötig
- So lange zu Hause bleiben, bis das Kind einen Tag lang ohne Fiebersenker fit war. Wenn es aber zum Beispiel noch stark hustet und sich nicht fit fühlt, trotzdem aber schon fieberfrei ist, sollte es natürlich noch zu Hause bleiben.
Magen- und Darminfekte
Gefahr des Austrocknens, ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig
Bei anhaltenden Symptomen unbedingt den Kinderarzt aufsuchen
Erst nach zwei Tagen ohne Symptome ist das Kind wieder gesund
Hand-Fuß-Mund-Krankheit
Grippeähnliche Symptome, Bläschen im Mund, Ausschlag an Hand- und Fußinnenflächen
So lange zu Hause bleiben, bis die Bläschen abgeheilt sind (sieben bis zehn Tage)
Schmerzlinderung durch Medikamente
Bindehautentzündung
Rote und tränende Augen, verklebte Lider, Sekret im Augenwinkel
Untersuchung durch Arzt wichtig, eventuell ansteckend
Mit lauwarmem Wasser auswaschen; wenn bakteriell verursacht, antibiotische Augentropfen
Keuchhusten (Pertussis)
Schnupfen, starke Hustenanfälle und ziehendes Geräusch, vor allem nachts; Erbrechen
Unbedingt Kinderarzt aufsuchen: Ansteckungsgefahr
Achtung bei Säuglingen: Atemstillstand möglich!
Bakterielle Infektion, deshalb Antibiotikatherapie wichtig
In Österreich ist die Pertussis-Impfung gratis (im Rahmen der 6-fach-Impfung im dritten, fünften und zwölften Lebensmonat), bietet aber nicht zu hundert Prozent Schutz
Scharlach
Fieber, Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Erbrechen, Bauchschmerzen
Zunge zuerst weiß, dann rot, nicht juckender Ausschlag am gesamten Körper, vor allem in der Leistengegend
Abklärung durch Kinderarzt wichtig, Therapie durch Antibiotika
Windpocken
Meist zwischen zweitem und sechstem Lebensjahr, eine Schutzimpfung möglich
Kleine rote Flecken am ganzen Körper, werden zu juckenden Bläschen mit wässrigem Inhalt
Starken Juckreiz durch Antihistaminika lindern, Fingernägel besser kurz schneiden
Sind alle Stellen verkrustet, besteht keine Ansteckungsgefahr mehr
Masern
Hochinfektiös – unbedingt Kinderarzt aufsuchen!
Anfangs Husten, Schnupfen und Fieber, das zuerst sinkt und dann wieder steigt, Komplikationen sind möglich
Ausschlag hinter Ohren und im Gesicht, breitet sich rasch aus
Impfschutz durch Kombinationsimpfung Mumps und Röteln (MMR)
Mumps
Vom Virus sind besonders Kinder zwischen vier und zehn Jahren betroffen
Fieber, grippeähnlichen Symptomen oder Erbrechen und Bauchweh, schmerzhafte Schwellung der Ohrspeicheldrüsen, Komplikationen möglich
Unbedingt Termin bei Kinderarzt vereinbaren!
Schutzimpfung möglich in Kombination mit Impfung gegen Masern und Röteln (MMR)
Röteln
Leichtes Fieber und Schnupfen, dann hellroter Ausschlag
Abklärung durch Kinderarzt wichtig!
Gefährlich während der Schwangerschaft, kann zu Fehlbildungen des ungeborenen Kindes führen
Schutzimpfung als Kombinationsimpfung mit Masern und Mumps (MMR)
Kinderkrankheiten nur bei Kindern?
Kinderkrankheiten heißen deshalb so, weil sie früher derart verbreitet waren, dass sich die meisten Menschen bereits als Kinder damit ansteckten. Auslöser sind Bakterien oder Viren, die meist durch Tröpfcheninfektion über die Luft, also über indirekten Kontakt, übertragen werden. Ohne Impfung erkrankt fast jeder Mensch schon als Kind an diesen Infektionskrankheiten.
Kann man immun gegen Kinderkrankheiten werden?
Die Kinderkrankheiten werden entweder durch virale oder bakterielle Infektionen ausgelöst. Nach manchen Erkrankungen ist der Mensch sein Leben lang immun dagegen. Viral ausgelöste Kinderkrankheiten sind unter anderem Masern, Mumps, Röteln, Windpocken und die Hand-Fuß- Mund-Krankheit. Von diesen Krankheiten treten Windpocken in Österreich und Deutschland am häufigsten auf.
Was ist der Nestschutz?
Nestschutz bedeutet, dass ein Säugling für die ersten Lebensmonate durch Antikörper der Mutter, die während der Schwangerschaft oder durch das Stillen auf das Kind übertragen werden, gegen viele Erkrankungen indirekt geschützt ist. So zum Beispiel gegen Masern, wenn die Mutter die Erkrankung selbst durchgemacht hat beziehungsweise geimpft ist. Nach ein paar Monaten geht dieser Schutz wieder verloren, und das Kind kann bei entsprechendem Kontakt erkranken. Die natürliche oder angeborene Immunität ist, wie der Name schon sagt, bei Geburt vorhanden. Das Immunsystem kann sofort auf Krankheitserreger reagieren, jedoch unspezifisch und ohne anhaltenden Schutz. Die Haut des Menschen als mechanische Barriere zählt zum Beispiel auch zur natürlichen Immunität.
Mag. Christian Boukal – Klinikum Wels-Grieskirchen
Oktober 2018
Bild: Kinderambulanz, Klinikum Wels-Grieskirchen/Robert Maybach