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Vertragspartnerrechtliches Verfahren und Rechtsschutz im stationären Bereich in Österreich nach der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012


Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl StögerDer Autor:
Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Stöger

forscht und lehrt am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören das Verwaltungsverfahrensrecht und das Medizinrecht.


KURZFASSUNG


Wo im stationären Vertragspartnerrecht gibt es öffentlich-rechtliche Verfahren?
Stationäre Leistungen erfolgen in Kranken- und Kuranstalten

Die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 und ihre Begleitgesetze haben auch auf das vertragspartnerrechtliche Verfahren und den Rechtsschutz im stationären Bereich Auswirkungen gehabt. Freilich beschränken sich diese zwangsläufig auf die Gebiete des stationären Vertragspartnerrechts, in denen Verwaltungsbehörden tätig sind. Insoweit muss am Beginn meines Beitrags eine zweifache Abgrenzung stehen: Erstens, was ist unter dem stationären Bereich zu verstehen und zweitens, wo hat man es dort mit Verwaltungsbehörden zu tun?

Stationäre Leistungen werden im Vertragspartnerrecht überwiegend von Krankenanstalten als Vertragspartner der Sozialversicherung erbracht. Ebenfalls als stationäre Leistungen kann man die – teilweise auch als Sachleistungen möglichen – Aufenthalte in Kuranstalten ansehen. Das Vertragspartnerrecht dieser beiden Arten von Einrichtungen werde näher beleuchtet.

 

Vertragspartnerstreitigkeiten der Kuranstalten gehören vor die ordentlichen Gerichte

Das Vertragspartnerrecht der Kuranstalten ist sehr überschaubar: Besondere Regelungen findet man weder im Sozialversicherungsrecht noch im (unter Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG fallenden) Bundes(grundsatz)- bzw. Landes(ausführungs)recht der Kuranstalten. Somit stellt sich die Frage, welche allgemeinen Regelungen auf das Verhältnis zwischen Kuranstalten und Sozialversicherung Anwendung finden. Klar ist, dass § 338 ASVG anwendbar ist, nach dem die Beziehungen zu den „anderen Vertragspartnern“ durch privatrechtliche Verträge (in ausreichender Anzahl) zu regeln sind. Ebenso anwendbar ist § 349 Abs 3 bis 5 ASVG. § 349 Abs 3 ermöglicht dabei die fakultative („können“) Regelung der Beziehungen zu anderen Vertragspartnern – und damit auch zu Kuranstalten – durch Gesamtverträge, die unter Berücksichtigung der Honorierungsvorgaben nach § 342 Abs 2a ASVG vom zuständigen Fachverband der Gesundheitsbetriebe in der Wirtschaftskammer abgeschlossen werden könnten – da die Bestimmung aber eben fakultativ ist, sind bloße Einzelverträge freilich ebenfalls zulässig. Andererseits kann ein Gesamtvertrag nach Abs 3 auch vorsehen, dass Einzelverträge überhaupt nicht mehr notwendig sind (§ 349 Abs 4).

 

Vertragspartnerrecht der Krankenanstalten kennt verwaltungsbehördliche Verfahren

Anders sieht es im Vertragspartnerrecht der Krankenanstalten aus: Hier trifft man nicht nur auf eine Unmenge an Gesetzesvorschriften, sondern es gibt zum Teil auch verwaltungsbehördliche Streitschlichtungsverfahren mit – nunmehr – anschließender Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte.

Bevor auf Details eingegangen wird, ein grober Überblick: Dabei ist zuallererst zu beachten, dass die Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen Krankenanstalten, ihren Patienten und der Sozialversicherung nach herrschender Ansicht Teil des Krankenanstaltenrechts und nicht des Sozialversicherungsrechts ist. Dies führt somit dazu, dass das Vertragspartnerrecht betreffend die Krankenanstalten auf zwei Kompetenztatbestände verteilt ist: Die wesentlichen Fragen betreffend den Inhalt dieser Verträge regelt das Krankenanstaltenrecht gemäß Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG, sonstige die Sozialversicherungsträger und deren Leistungsabrechnung betreffende Aspekte fallen unter den Kompetenztatbestand des Sozialversicherungsrechts nach Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG.

Aus diesem Grund finden sich die einschlägigen Bestimmungen nur teilweise im ASVG bzw. den Parallelgesetzen. Darüber hinaus sind diese Bestimmungen einerseits im Vertragspartnerrecht, andererseits im Abschnitt über die Anstaltspflege verankert. Schließlich sind einige der Regelungen im ASVG kompetenzkonform in Form von Grundsatzbestimmungen erlassen, die durch die Landesgesetzgeber jeweils näher ausgeführt werden müssen. Dies haben die Länder auch getan, und zwar in den Landes-Krankenanstaltengesetzen, ergänzt um „freie“ Regelungen über Schiedskommissionen. Allerdings ist der Inhalt der entsprechenden Regelungen seit 1997 durch Vereinbarungen nach Art 15a B-VG zwischen Bund und Ländern verbindlich vereinbart.

Versucht man einen Überblick zu gewinnen, müssen zwei Punkte unterschieden werden: Zum einen die grundlegende Frage, welche Arten von Vertragsverhältnissen es zwischen Krankenanstalten und Sozialversicherungsträgern gibt. Zum zweiten die Frage, in welchem dieser Vertragsverhältnisse welche Rechtsschutzverfahren vorgesehen sind. Beginnt man mit der ersten Frage, findet man für stationäre Leistungen folgende im ASVG ausdrücklich bzw. erschließbar geregelte Vertragsverhältnisse vor:

  1. Vertragsverhältnisse zwischen den Sozialversicherungsträgern und den sog. Fondskrankenanstalten, deren Leistungen über die Landesgesundheitsfonds abgerechnet werden.
  2. Vertragsverhältnisse zwischen den Sozialversicherungsträgern und Krankenanstalten, die weder Fondskrankenanstalten noch sog. PRIKRAF-Anstalten sind und die die Gewährung von Anstaltspflege betreffen.
  3. Vertragsverhältnisse zwischen den Sozialversicherungsträgern und PRIKRAF-Anstalten, das sind solche, die über den nicht mit Bundes- und Landesgeldern dotierten Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds abrechnen. Hier sieht § 349 Abs 2a ASVG Gesamtverträge vor, ergänzend sind aber noch Einzelverträge nach § 149 Abs 2 ASVG abzuschließen.
  4. Vertragsverhältnisse zwischen den Sozialversicherungsträgern und der AUVA als Träger der Unfallkrankenanstalten.
  5. Vertragsverhältnisse zwischen den Sozialversicherungsträgern und Krankenanstalten, die stationäre Leistungen erbringen, welche nicht als Anstaltspflege einzustufen sind. Zu nennen sind hier Krankenanstalten, die vorwiegend der Rehabilitation von Versicherten dienen sowie Pflegeanstalten für chronisch Kranke (einschließlich Akutgeriatrie und Remobilisation).

Über diese ausdrücklich bzw. erschließbar im ASVG geregelten Konstellationen hinaus kann mit jeder allenfalls noch in Betracht kommenden Krankenanstalt auf Grundlage des § 338 Abs 3 ASVG ein Einzelvertragsverhältnis mit einem Sozialversicherungsträger begründet werden.

Nicht vergessen sollte man, dass Krankenanstalten auch ambulante Leistungen erbringen, v.a. solche, die als ärztliche Hilfe anzusehen sind. Hier gibt es ebenfalls besondere Vertragsverhältnisse, die teilweise ausdrücklich im ASVG geregelt sind und teilweise auf Grundlage des § 338 Abs 3 ASVG abgeschlossen werden.

  1. Ambulanzverträge zwischen den Sozialversicherungsträgern und Fondskrankenanstalten.
  2. Ambulanzverträge zwischen den Sozialversicherungsträgern und (Akut-)Krankenanstalten, die keine Fondskrankenanstalten sind. Hier besteht zwischen PRIKRAF- und Nicht-PRIKRAF-Anstalten deswegen kein Unterschied, weil über den PRIKRAF nur stationäre und tagesklinische Leistungen abgerechnet werden.
  3. Gesamtverträge und dazu ergangene Einzelverträge zwischen den Krankenversicherungsträgern und Krankenanstalten, die ambulante Untersuchungen mit Großgeräten durchführen, über diese Leistungen.
  4. Gesamtverträge und dazu ergangene Einzelverträge zwischen den Krankenversicherungsträgern und selbständigen Ambulatorien hinsichtlich bestimmter medizinischer Sonderfächer oder Teilen solcher.
  5. Sonstige Verträge zwischen den Krankenversicherungsträgern und selbständigen Ambulatorien.

Als nächste Frage bleibt somit zu klären, für welche der genannten Verträge spezielle öffentlich-rechtliche Verfahren vorgesehen sind. Soweit es keine solchen Verfahren gibt, kommt nur eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in Betracht. Sucht man somit nach den Rechtsgrundlagen für solche Verfahren, findet man jedenfalls im ASVG keine einschlägigen Regelungen. Aber auch das KAKuG als Bundesgrundsatzgesetz enthält keine solchen – genauer gesagt, enthält sie nicht mehr. Fündig wird man hingegen in den Landeskrankenanstaltengesetzen bzw. in der Steiermark und in Vorarlberg auch im Gesundheitsfondsgesetz einerseits und in den §§ 19 bis 22 PRIKRAF-Gesetz andererseits.

 

Die Schiedskommissionen im Landeskrankenanstaltenrecht

Entwicklung

Die Schiedskommissionen wurden anlässlich des Inkrafttretens der ersten Art 15a-Vereinbarung über die LKF im Jahre 1997 von den Bundesländern eingerichtet. Seit damals werden sie im jeweils geltenden KAKuG nicht mehr erwähnt. Allerdings haben Bund und Länder in der Vereinbarung festgelegt, dass bei jedem Amt der Landesregierung eine Schiedskommission in bestimmter Zusammensetzung und mit bestimmten Aufgaben eingerichtet wird. Mit der Ausnahme von Anpassungen von Verweisen bzw. solchen terminologischer Natur sind die entsprechenden Festlegungen in jede Art 15a-Vereinbarung seit 1997 weitgehend unverändert übernommen worden. Dadurch ist ein österreichweit einheitlicher Rechtsrahmen für die Ausgestaltung der Schiedskommissionen durch die Bundesländer vorgegeben.

 

Die Vorgaben der Art 15a-Vereinbarung

Die die Schiedskommissionen betreffende Regelung der aktuellen Art 15a-Vereinbarung ist deren Art 47. Diese Bestimmung ist deswegen so wichtig, weil sie für alle Bundesländer festlegt, wie die Schiedskommissionen organisiert sein sollen und welche Aufgaben ihnen jedenfalls zukommen müssen.

 

Die Aufgaben der Schiedskommissionen

Hinsichtlich der Zuständigkeiten der Schiedskommissionen hat sich durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 nichts geändert. Dennoch ist es für die weitere Untersuchung notwendig, festzustellen, welche Krankenanstaltenverträge überhaupt in die Zuständigkeit der Schiedskommissionen fallen.

Die Aufgaben einer Verwaltungsbehörde müssen durch Gesetz festgelegt werden, eine privatrechtliche – also auch durch Einzel- oder Gesamtvertrag vorgenommene – Vereinbarung der Zuständigkeit einer Schiedskommission ist daher unzulässig. In diesem Zusammenhang ist nunmehr bedeutsam, dass alle Bundesländer – mit Ausnahme in Tirol – der Schiedskommission genau die Zuständigkeiten zugewiesen haben, die bereits die Art 15a-Vereinbarung vorsieht. Für weitere Zuständigkeiten, die durch Krankenanstaltenverträge begründet werden, bleibt daher kein Platz.

Von den vier in der Art 15a-Vereinbarung und den Landesgesetzen geregelten Zuständigkeiten ist der vierten – Sanktionsmechanismus – zumindest teilweise derogiert worden, da der Sanktionsmechanismus der Art 15a-Vereinbarung mit der Novelle BGBl I 2013/199 aufgehoben und durch den neuen Sanktionsmechanismus nach der Art 15a-Vereinbarung über die Zielsteuerung–Gesundheit ersetzt worden, der eigene Organe vorsieht und nicht unmittelbar dem Vertragspartnerrecht zuzuzählen ist. Gewisse Reste der alten Regelungen bestehen jedoch im Landesrecht weiter. Die dritte – Streitigkeiten zwischen HVB, Sozialversicherung und Gesundheitsfonds – hängt zwar inhaltlich eng mit dem Vertragspartnerrecht zusammen, bezieht sich aber nicht auf das Verhältnis zwischen Sozialversicherung und Vertragskrankenanstalten. Für dieses Verhältnis sind die erste und die zweite Zuständigkeit einschlägig.

Beginnen wir mit der zweiten Zuständigkeit, welche Streitigkeiten aus Verträgen zwischen Sozialversicherungsträgern bzw. Hauptverband einerseits und sog Fondskrankenanstalten andererseits betrifft. Diese Zuständigkeit ist insoweit umfassend, als sie alle Streitigkeiten aus solchen Verträgen einschließlich finanzieller Ansprüche umfasst. Allerdings sind hier drei Dinge zu beachten. Erstens: Ansprüche auf Zahlungen können durch Verträge zwischen Fondskrankenanstalten und Sozialversicherung nicht wirksam begründet werden (§ 148 Z 10 ASVG), diese ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz. Zweitens: Fondskrankenanstalten sind zur Aufnahme sozialversicherter Patienten auch bei Fehlen eines Krankenanstaltenvertrages verpflichtet und erhalten dafür auch Zahlungen der Landesgesundheitsfonds. Daher umfasst die entsprechende Zuständigkeit der Schiedskommission keine zwangsweise Begründung von Krankenanstaltenverträgen, weil diese auch nicht notwendig ist. Entscheidend ist der Status als Fondskrankenanstalt, nicht der Krankenanstaltenvertrag. Drittens: Diese Zuständigkeit erstreckt sich sowohl auf stationäre als auch auf ambulante Verträge der Fondskrankenanstalten (da die Abgeltung der ambulanten Leistungen der Fondskrankenanstalten auch über die Gesundheitsfonds erfolgt). Im Gegenzug bedeutet dies, dass die Schiedskommission nicht für Streitigkeiten zwischen Sozialversicherung und anderen Krankenanstalten als Fondskrankenanstalten zuständig ist, mit einer Ausnahme: der Zuständigkeit für den Abschluss von Verträgen zwischen Trägern öffentlicher Krankenanstalten außerhalb der Landesgesundheitsfonds, die zum 31. Dezember 1996 bereits bestanden haben. Und damit sind wir bei der letzten Zuständigkeit angelangt, die ein „Relikt“ aus der Zeit vor dem Jahr 1997 darstellt, in der den Schiedskommissionen die Befugnis zur zwangsweisen Begründung von Krankenanstaltenverträgen zwischen allen öffentlichen Krankenanstalten und der Sozialversicherung auf Antrag einer der beiden Seiten zukam. Die heutige Zuständigkeit bezieht sich aber nur noch auf öffentliche Krankenanstalten, die schon zum 31.12.1996 bestanden und nicht per 1.1.1997 zu Fondskrankenanstalten wurden. Das sind im Wesentlichen Krankenanstalten, die andere Leistungen als solche der Anstaltspflege im Sinne des § 144 ASVG erbringen. Hier ist weiterhin eine Zwangsschlichtung durch die Schiedskommission möglich; konkrete Leistungsstreitigkeiten aus diesen Verträgen fallen aber nicht in die Zuständigkeit der Schiedskommission, sondern in die Zuständigkeit ordentlicher Gerichte. Diese Zuständigkeit ist praktisch nicht besonders bedeutsam, beschäftigte den VfGH aber immerhin einmal. Alle anderen Streitigkeiten aus Krankenanstaltenverträgen gehören somit nicht vor die Schiedskommission, sondern vor die ordentlichen Gerichte. Das bedeutet, dass der Zuständigkeitsbereich der Schiedskommissionen zwar die überaus bedeutsamen Fondskrankenanstalten erfasst, abgesehen davon aber überschaubar ist.

 

Verfahrensrechtliche Auswirkungen der Novelle 2012 auf die Schiedskommissionen

Die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 hatte einschließlich ihrer Begleitgesetze folgende Auswirkungen auf das Verfahren der Schiedskommissionen:

1. Gegen Entscheidungen der Schiedskommissionen, die durch Bescheid zu ergehen haben, ist die Anrufung eines Verwaltungsgerichts möglich. Da dieses jedenfalls ein Tribunal im Sinne des Art 6 MRK bzw. Art 47 GRC darstellt, hat die in der Vergangenheit intensiver diskutierte Frage, ob eine Schiedskommission selbst als Tribunal anzusehen ist, an Bedeutung verloren. Dies deswegen, weil es bei Entscheidungen über zivilrechtliche Ansprüche – und dazu gehören solche über den Bestand von bzw. Leistungen aus den privatrechtlichen Krankenanstaltenverträgen – ausreichend ist, wenn in einer Instanz ein Tribunal entscheidet.

2. Die Schiedskommissionen sind Landesbehörden und im Bereich der Landesvollziehung tätig. Das bedeutet, dass von Verfassung wegen (Art 131 Abs 1 B-VG) gegen ihre Entscheidungen das jeweilige Landesverwaltungsgericht zuständig ist. In der Steiermark und in Vorarlberg wird das auch ausdrücklich vorgesehen, verbunden mit der Anordnung einer verwaltungsgerichtlichen Senatszuständigkeit.

3. Das bedeutet, dass es im Gegensatz zur Rechtslage vor 2014 keine Konzentration der Rechtsmittelverfahren bei einer Stelle mehr gibt. Darin besteht auch ein Unterschied zum niedergelassenen Vertragspartnerrecht, bei dem Schlichtungsverfahren mit der Anrufbarkeit des Bundesverwaltungsgerichts enden, womit ebenfalls eine Konzentration bei einem Gericht erfolgt. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts sind nunmehr entweder der VwGH mit Revision oder der VfGH bei verfassungsrechtlichen Bedenken mit Erkenntnisbeschwerde anrufbar.

4. Die Schiedskommissionen als Verwaltungsbehörden haben nunmehr unmittelbar auf Grund des neugefassten Art I Abs 2 Z 1 EGVG das AVG anzuwenden, ohne dass dies einer ausdrücklichen Anordnung bedarf. Dies war bis zum 31.12.2013 nicht so, da sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht im EGVG als Behörden genannt waren, die das AVG anzuwenden hatten. Vielmehr musste vom Landesgesetzgeber die Anwendbarkeit des AVG angeordnet werden (sog „mittelbarer Anwendungsbereich“), allerdings waren regelmäßig spezielle Sonderregelungen zur Durchführung mündlicher Verhandlungen vorgesehen. Gemäß der Bestimmung des Art V Abs 7 Z 2 EGVG ist nunmehr für die Schiedskommissionen in allen übrigen Bundesländern die grundsätzliche Anwendbarkeit des AVG schon bundesrechtlich vorgeschrieben, allfällige diesbezügliche landesrechtliche Anordnungen traten außer Kraft – nur die Sonderregelungen gelten unverändert weiter.

5. Die Anwendbarkeit des AVG auf das Verfahren der Schiedskommissionen bedeutet auch, dass die Bestimmung des § 7 AVG über die Befangenheit der Organwalter anzuwenden ist. Die Frage, inwieweit die Bestellung bzw. Entsendung von Mitgliedern der Schiedskommission automatisch deren Befangenheit bewirkt, wurde in der Vergangenheit auch mit Blick auf Art 6 MRK schon diskutiert – gerade die paritätische Besetzung dieser Behörden als Schlichtungsinstanz mit einem unparteiischen Richter als Vorsitzendem ist aber ein Indiz dafür, dass diese, sofern nicht sonstige Gründe hinzukommen, nicht per se befangen sind. Der VfGH hat die Schiedskommissionen bisher grundsätzlich als mit Art 6 MRK vereinbar angesehen.

6. Und schließlich bedeutet die Anwendbarkeit des AVG mit anschließender Möglichkeit der Bescheidbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht, dass der Beschwerde nach § 13 VwGVG aufschiebende Wirkung zukommt. Ein Ausschluss der aufschiebenden Wirkung durch die Schiedskommission ist jedoch auf Grundlage des § 13 Abs 2 VwGVG möglich.

 

Organisationsrechtliche Auswirkungen der Novelle 2012 auf die Schiedskommissionen

Organisatorisch ist Folgendes festzuhalten: Die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 hat durch die Aufhebung des Art 133 Z 4 B-VG und des Art 20 Abs 2 Z 3 B-VG idF BGBl I 2008/2 das definitive Ende für sog. Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag gebracht. Das ist deswegen bedeutsam, weil den Schiedskommissionen entsprechend den Vorgaben der Art 15a-Vereinbarung weiterhin in allen Bundesländern Richter angehören. Seit 1.1.2014 ist es nun aber so, dass (auch schon bisher bestehende) weisungsfreie Verwaltungsbehörden mit richterlicher Beteiligung unter einen oder mehrere der (fortbestehenden) Tatbestände des Art 20 Abs 2 B-VG idF BGBl I 2012/51 subsumierbar sein müssen. Für die Schiedskommissionen kommt hier Art 20 Abs 2 Z 3 in Betracht, allerdings müssen für die Zulässigkeit einer nach Art 20 Abs 2 Z 3 B-VG weisungsfrei gestellten Verwaltungsbehörde drei Voraussetzungen vorliegen: (1) eine Weisungsfreistellung durch Gesetz, (2) ein angemessenes Aufsichtsrecht samt Unterrichtungsrecht des obersten Organs, d.h. bei Landesbehörden der Landesregierung und (3) das Recht der Abberufung der Mitglieder aus wichtigem Grund.

 

Fazit

Die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 hat im stationären Vertragspartnerrecht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Schiedskommissionen bei den Ämtern der Landesregierung und die PRIKRAF-Schiedskommission gehabt, dort aber gleich in zweifacher Weise, nämlich sowohl im Verfahrens- als auch im Organisationsrecht. Die bisher beim VfGH konzentrierte Entscheidungskontrolle dieser Kommissionen wurde nunmehr durch eine Zuständigkeit des jeweiligen Landesverwaltungsgerichtes ersetzt. Dass diese Änderungen erhebliche praktische Auswirkungen auf die Arbeit der Schiedskommissionen haben, darf bezweifelt werden. Anders wird es in Zukunft bei allfälligen Rechtsmittelverfahren gegen ihre Entscheidungen sein, wo die bisher weitgehende Konzentration derselben beim VfGH beendet wurde – die neuen Rechtsmittelinstanzen werden sich „einarbeiten“ müssen.

Das stationäre Vertragspartnerrecht der Krankenanstalten hat durch eine Gemengelage im Krankenanstalten- und Sozialversicherungsrecht inzwischen eine Komplexität erreicht hat, die ihresgleichen sucht. Und das liegt an einem altbekannten Problem des österreichischen Gesundheitswesens, das auch durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 nicht gelöst werden konnte und durch die Gesundheitsreform 2013 „rechtstechnisch“ noch verschlimmert wurde: Jedenfalls im stationären Bereich gibt es zu viele Mitspieler und daher auch zu viele Gesetzesvorschriften. Der Patient „Gesundheitswesen“ ist in Österreich „normen-übergewichtig“, eine Diät wäre dringend angezeigt.


Zuletzt aktualisiert am 14. November 2020