Die Behandlung der Schmerzen ist eine der wichtigsten Therapiemaßnahmen bei Osteoporose. Die Schmerzbehandlung sollte sofort nach der Diagnose beginnen, ansonsten droht ein Teufelskreis: Bleiben die Beschwerden bestehen, nehmen Patienten eine Schonhaltung ein und bewegen sich immer weniger. Dadurch bauen Muskulatur und Knochen weiter ab. Gerade das gilt es aber zu vermeiden, da die Erkrankten ohnehin an einer zu geringen Knochenmasse leiden.
Bei Osteoporose handelt es sich um eine Erkrankung des Skeletts. Masse, Dichte und Festigkeit der Knochen sind vermindert und erhöhen die Gefahr von Brüchen. Vier Fünftel der Betroffenen sind Frauen. Die Erkrankung zeigt sich ab 50 Jahren, meist erst ab 65 Jahren. Die Entstehung von Osteoporose ist ein schleichender Prozess, der zu Beginn keine Beschwerden mit sich bringt. Schmerzen entstehen oft erst nach vielen Jahren, meist nach einem Wirbeleinbruch.
Akute Schmerzen
Schmerzen bei Osteoporose betreffen vor allem den Rückenbereich. Akute Schmerzen treten nicht nur bei klar ersichtlichen Knochenbrüchen (Frakturen) auf, sondern sehr häufig schon bei den nicht sofort ersichtlichen Wirbelfrakturen. Schmerzen entstehen unter anderem durch Risse der Knochenhaut, die gut nerval versorgt ist. Bei Wirbelfrakturen haben die Betroffenen oft heftige Schmerzen und können sich nicht mehr bewegen. Die Schmerzen bei Frakturen treten schlagartig auf, sie sind klar lokalisierbar, spitz, schneidend oder stechend. Selbst sehr kleine Einbrüche (Mikrofrakturen) im Bereich der Wirbel können sich schmerzhaft bemerkbar machen.
Weitere mögliche Ursachen von akuten Schmerzen sind Veränderungen der Facettengelenke der Wirbel, Kompressionen der Nervenbahnen, wobei Nerven eingeengt und bedrängt werden sowie Muskel- und Muskel-Sehnenansatz-Schmerzen.
Chronische Schmerzen
Von den akuten Schmerzen zu unterscheiden sind Schmerzen, die von chronischen Problemen ausgehen, wie sie bei Abnützungserscheinungen im Bereich der Wirbelsäule auftreten. Oft gehen akute Beschwerden in ein chronisches Schmerzsyndrom über. Denn nach einem Wirbelbruch kommt es häufig zu einer Reihe negativer Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule: weitere Wirbelkompressionen, Kompressionen von Nervenwurzeln oder des Rückenmarks. Rückenmuskulatur, Bänder und Facettengelenke werden fehlbelastet und führen zu weiteren Schmerzen und Schonhaltung. „Wenn die akute Osteoporose nicht behandelt wird, können daraus dauerhafte Schmerzen resultieren. Um körperliche und auch psychisch Dauerbelastung durch chronische Schmerzen zu verhindern, ist daher eine frühzeitige Diagnose und Behandlung nötig“, sagt OA Dr. Hans Söser, Orthopäde am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern.
Diagnose
Bei Verdacht auf Schmerzen als Folge einer Osteoporose gilt es herauszufinden, ob ein akuter Fall eines Wirbelbruchs vorliegt oder ob eine chronische Abnützung (Degeneration) von Knochenstrukturen, Gelenken und damit zusammenhängenden Strukturen wie Geweben und Muskeln besteht. Söser: „Als erstes werden Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen durchgeführt. Diese liefern uns erste Hinweise, ob eine akute Wirbelfraktur vorliegt oder ob die Schmerzen andere Ursachen haben. Als nächster Diagnoseschritt folgt die Magnetresonanz oder eine spezielle Computertomographie, die sogenannte Dual-Energie-CT. Mit diesen bildgebenden Verfahren lässt sich feststellen, ob eine frische oder ein alter Wirbelkörpereinbruch vorliegt.“
Therapie soll die Mobilität des Patienten erhalten
Wird ein Wirbelbruch festgestellt, soll möglichst rasch mit einer Therapie sowohl gegen die Osteoporose als auch gegen die Schmerzen erfolgen, um das Risiko weiterer Wirbelbrüche und einer Chronifizierung zu reduzieren. Ziel jeder Maßnahme ist es auch, die Betroffenen möglichst rasch wieder mobil zu machen. Denn dauerhafte Schmerzen führen dazu, dass man sich immer weniger bewegt, keinen Sport betreibt und inaktiv wird. „All das erhöht die Sturzgefahr inklusive der Gefahr von Knochenbrüchen und senkt zudem die Knochendichte, weil die Dichte der Knochen maßgeblich auch vom Ausmaß der körperlichen Bewegung abhängt. Unterbleibt eine Therapie, steigt das Risiko für weitere Brüche um ein Vielfaches“, sagt Söser.
Ruhigstellung mittels Mieder
Bei akuten Schmerzen von frischen Verletzungen (vor allem bei Wirbelbrüchen) erfolgt als erste Maßnahme eine Ruhigstellung mittels Mieder. „Wir verwenden bei Brüchen meist eine wirbelsäulenaufrichtende ‚Rückenorthese‘. Diese kann man sich als Rückenstützmieder vorstellen, die man mittels Klettverschlüsse selbst öffnen und schließen kann“, sagt der Orthopäde. Eine Ruhigstellung erfolgt meist für sechs bis acht Wochen, sollte aber so früh wie möglich wieder beendet werden, um eine langfristige Inaktivität der Patienten zu verhindern. Ziel ist es, die Patienten so schnell wie möglich wieder vom Mieder zu entwöhnen und sie in Schwung zu bringen. Denn je länger man sich nicht ausreichend bewegt, desto schlechter ist das für die Knochendichte und die Muskulatur.
Medikamente sind Teil der Therapie
Nach Art und Ausmaß der Schmerzen kommen verschiedene Schmerzmittel in Betracht: Paracetamol, NSAR (nicht-steroidale Entzündungshemmer: Schmerzmittel mit schmerzlindernden und entzündungshemmenden Eigenschaften). Wenn erforderlich, kommen auch Opioide (Opiate) zum Einsatz, wobei man zwischen leichten und starken Präparaten unterscheidet. „Wenn nötig, kommen Morphinpflaster zur Anwendung. Wir beginnen mit niedriger Dosierung und steigern diese bei Bedarf. Im Allgemeinen zeigt das eine gute Wirkung“, sagt Söser.
Opioide bereiten bei akutem Bedarf für die Dauer von bis zu vier Wochen kaum Probleme, eigenen sich aber nicht für den Dauergebrauch, da sie bei permanenter Anwendung die Knochendichte negativ beeinflussen können. In manchen Fällen können weitere Medikamente sinnvoll sein, wie zum Beispiel muskelentspannende Medikamente (Muskelrelaxanzien), auch Cannabinoide werden fallweise eingesetzt.
Die Osteoporose wird mit speziellen Medikamenten therapiert. Sie wirken aber nur bedingt gegen Schmerzen. Sie können ein Fortschreiten der Erkrankung im Zaum halten, im besten Fall neue Knochenbrüche verhindern. Auch eine Supplementierung von Kalzium und Vitamin D zählt zur Standardtherapie. Täglich sollten 1000 mg Kalzium aufgenommen werden. Söser: „Ein Teil davon wird durch eine kalziumreiche Ernährung mit Milch, Gemüse oder Mineralwasser aufgenommen, der andere Teil wird in Tablettenform verabreicht.“
Weitere Therapiemaßnahmen gegen die Schmerzen
- Physiotherapie, passiv: Hier wird der Patient mobilisiert und physiotherapeutisch behandelt, ohne selbst aktiv sein zu müssen.
- Physiotherapie, aktiv: Nach einigen Wochen sollte die passive Physiotherapie von einer aktiven abgelöst werden. Dabei führt der Patient unter physiotherapeutischer Hilfe selbstständig Körperübungen durch, die zuhause unbedingt fortgeführt werden müssen.
- Zusätzlich können auch Wärme- oder Kältebehandlungen, Massagen oder auch Akupunktur sinnvoll sein.
- Ziel all dieser Maßnahmen ist es, die Patienten möglichst rasch wieder in die Lage zu versetzen, körperlich aktiv zu werden und in Bewegung zu kommen.
Dr. Thomas Hartl
September 2019
Bild: shutterstock