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Plastik verkalkte Aortaklappe

Verkalkte Aortenklappen müssen ersetzt werden

Vier Herzklappen regeln den Blutfluss im Herzen. Der am häufigsten behandlungspflichtige Klappenfehler ist die Verengung der Aortenklappe. Meist wird sie durch eine Verkalkung ausgelöst. Unbehandelt droht eine Herzschwäche, daher wird die Aortenklappe bei Beschwerden durch eine mechanische oder biologische ersetzt. 

„Die Aortenklappe ist das Tor zwischen linker Herzkammer und Hauptschlagader. Die Taschenklappe wirkt als Ventil, um das Blut gerichtet aus der Herzkammer in die Aorta und somit in den Körperkreislauf fließen zu lassen und zu verhindern, dass es danach wieder zurück in das Herz rinnt“, erklärt Prim. Priv.-Doz. Dr. Clemens Steinwender, Vorstand der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin im Kepler Universitätsklinikum in Linz. Ist dieses Tor am Herzen aber verengt, muss dieses mehr Kraft aufbringen, um das Blut in den Körper zu pumpen. Auf Dauer verdickt sich dadurch der Herzmuskel (Hypertrophie), wird immer weniger dehnbar und somit schwächer. Seine Pumpleistung lässt nach und es stellt sich eine Herzschwäche ein. Das heißt, dass der Körper nicht mehr ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden kann.

Erste Anzeichen sind eine Minderversorgung des Gehirns, was von Schwindel bis zur Ohnmacht führen kann. Aber auch Blutdruckschwankungen und niedriger Blutdruck, geringe Belastbarkeit mit schneller Ermüdung bei Bewegung wie Treppensteigen oder beim Sport sind erste Symptome. Mit Fortschreiten der Verengung nehmen die Beschwerden zu, Atemnot sowie ein Druck auf der Brust (Angina pectoris Schmerz) zeigen sich. Bei schwerer Verengung (Stenose) sind die Symptome auch in Ruhe vorhanden.

Vor allem bei Menschen, die sich wenig bewegen, kann eine Verkalkung oder Verengung längere Zeit unbemerkt bleiben und wird erst bei der Diagnose einer Herzschwäche festgestellt. 

Ablagerungen und Verschleiß 

Die häufigste Ursache der Stenose sind Verschleißprozesse in höherem Alter. Man spricht in diesem Fall von einer Verkalkung wie bei der Arteriosklerose. Bei den über 75-Jährigen weisen drei bis fünf Prozent der Bevölkerung eine hochgradige Aortenklappenstenose auf. Erhöhte Blutfette und Bluthochdruck können Risiken für die Verkalkung sein. In der Klappe lagert sich Kalk und Kollagen ab. Auch das heute seltene Rheumatische Fieber kann eine Aortenklappenstenose verursachen. „Eine angeborene Verengung ist seltener und führt meist um 20 Jahre früher zum Verschleiß mit Beschwerden als bei der erworbenen Verengung. Grund ist meist eine bikuspide Aortenklappe, das heißt dass sie statt drei nur zwei Taschen hat und daher früh zur Stenose neigt“, sagt Steinwender.

Mit der Verkalkung und Verengung kann auch eine Klappeninsuffizienz kombiniert sein. Die Klappe ist dann undicht, sodass Blut aus der Aorta in die linke Herzkammer zurückfließen kann. Das führt zu einer Dehnung (Dilatation) der linken Herzkammer und ebenfalls zu einer Verdickung der Herzwand. Weitere Gründe für eine undichte Aortenklappe können etwa eine bakterielle Entzündung der Herzinnenhaut im Bereich der Klappe oder eine angeborene Gewebsschwäche der Aorta sein. Die Symptome ähneln der Stenose. Durch den Rückstau kann es ebenfalls zu Herzschwäche und Wasser in der Lunge mit Atemnot kommen. 

Verschiedene Stadien der Verengung 

„Sobald Symptome auftreten und die Lebensqualität leidet oder wenn bei der Ultraschalluntersuchung bestimmte Kriterien erfüllt sind, die auf eine hochgradige Enge oder Undichtheit schließen lassen, muss man an einen Ersatz der Herzklappe denken“, sagt der Kardiologe. Neben dem Ultraschall dienen Röntgen und Abhören mit dem Stethoskop der Diagnosestellung. Manchmal braucht es zur Abklärung einen Belastungstest am Fahrradergometer, eine Computertomografie oder Herzkatheteruntersuchung. Im Ultraschall lassen sich die Blutflussgeschwindigkeit an der Verengung, die Blutmenge, die noch ausgepumpt wird und auch die Klappenöffnungsfäche beurteilen. Normalerweise beträgt die Klappenöffnung bei Erwachsenen drei bis vier Quadratzentimeter. Man unterscheidet je nach Öffnung drei Stadien der Stenose:

  • Leicht: 1,5 bis zwei cm2
  • Mittelgradig: ein bis 1,5 cm2
  • Hochgradig: kleiner als ein cm2

Implantation mittels Katheter

Um die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität wiederherzustellen, muss bei einem mittelgradigen bis hochgradigen Klappenfehler die Klappe ersetzt werden. Von Kardiologen, Herzchirurgen und Anästhesisten wird interdisziplinär über die individuell bestmögliche Methode der Implantation der neuen Klappe entschieden. Medikamentös versucht man bis zum Ersatz der Klappe etwa die Herzschwäche, als Folge der Verkalkung, zu therapieren.

Bis zum Jahr 2007 war in Österreich nur eine Operation am offenen Herzen unter Vollnarkose und Anschluss an die Herz-Lungenmaschine zum Ersatz der Klappe möglich. Älteren Menschen mit Begleiterkrankungen war diese belastende Methode oftmals nicht zumutbar.

Das änderte sich vor 13 Jahren mit Beginn der kathetergestützten Implantation (TAVI – Transcatheter Aortic Valve Implantation) der Klappe. Mittlerweile werden mehr Aortenklappen mittels TAVI, der minimalinvasiven und wenig belastenden Methode eingesetzt, als durch eine OP am offenen Herzen. Vor allem Patienten mit mittlerem bis hohem Operationsrisiko und höherem Alter profitieren von TAVI. „Bei der TAVI wird meist in lokaler Betäubung über die Leistenarterie ein Katheter, mit der darauf gefaltet aufgebrachten biologischen Klappe, durch alte Aortenklappe geschoben und dort mittels Hochdruckballon implantiert. Die alte Klappe wird dabei ohne Probleme auf die Seite und in die Gefäßwand der Aorta gedrückt“, erklärt Steinwender.

Immer wieder verbesserte Technik und neue Klappengenerationen machen TAVI mittlerweile für sehr viele Patienten zur Therapie erster Wahl. In Studien stehen die Fünf-Jahresergebnisse denen einer offenen Operation nicht nach. Neueste und sehr dünne Katheter erlauben bei der TAVI, laut Steinwender, eine sehr schonende Implantation der Klappe.

„Bei der TAVI kann es zu Leistenblutungen kommen und in wenigen Fällen wird das Einsetzen eines Schrittmachers nach dem minimalinvasiven Eingriff notwendig, weil die Aortenklappe sehr nahe beim Herzrhythmus-Reizleitungssystem liegt“, sagt der Kardiologe. Bei älteren Patienten, die minimalinvasiv versorgt werden kommen biologische Klappen von Schwein oder Rind/Kalb zum Einsatz. Nach der TAVI wird individuell entschieden, wie lange eine Blutverdünnung notwendig ist. 

Offene Operation bei jungen Patienten 

„Bei jüngeren Patienten mit geringem Risiko und bei denen man mechanische, sprich Kunststoffklappen einsetzt, weil diese eine sehr lange Lebensdauer garantieren, wird die Klappe chirurgisch eingebracht. Die alte Klappe wird dabei herausgeschnitten und durch die neue ersetzt. Auch wenn zusätzliche Operationen am Herzen notwendig sind, wie etwa ein Bypass, wird ebenfalls offen operiert. Ebenso, wenn es sich um eine Infektion der Klappe handelt“, sagt der Kardiologe. Kunststoffklappen können nicht via TAVI eingesetzt werden. Operationsrisiken sind etwa Blutungen, Infektionen, Belastung durch die Herz-Lungenmaschine oder Schmerzen durch die Eröffnung des Brustkorbes. Meist müssen die Pateinten nach der Operation lebenslang eine Blutverdünnung durchführen.

Eine weitere Operationsmethode ist jene nach Ross und wird vor allem bei angeborenen Aortenklappenastenosen von Kindern durchgeführt, aber auch bei jungen Erwachsenen. Dabei wird die Aortenklappe durch die Pulmonalklappe ersetzt und diese wiederum durch eine menschliche Spenderklappe. Die Vorteile dieser Methode liegen in der langen Klappenhaltbarkeit und optimalen Funktionalität. Auch auf die lebenslange Blutverdünnung kann verzichtet werden. Aber die Methode ist sehr aufwendig, und erfordert eine Spenderklappe.

Unbehandelt kann eine Aortenklappenfehler schwerwiegende Folgen wie etwa Schlaganfall haben, weil sich kleine Blutgerinnsel an der verkalkten Klappe bilden und mit dem Blutstrom ins Gehirn geschwemmt werden können. Neben der Herzschwäche sind Herzrhythmusstörungen zu nennen, die im schlimmsten Fall zu Kammerflimmern mit Herztod führen.

Bei der richtigen und zeitgerechten Behandlung ist die Prognose aber sehr gut.

 

Mag. Christine Radmayr
Jänner 2021


Bild: Tinydevil/shutterstock.com

Zuletzt aktualisiert am 11. Januar 2021